Spielzeug: Es lauert überall.
Ist das Spielzeug oder kann das weg? Diese Frage stelle ich mir wieder und wieder, während ich das Zimmer meiner kleinen Tochter aufräume. Meistens lautet die Antwort „Spielzeug“. Beispielsweise könnten unverdächtig wirkende Papierschnipsel selbst gebastelte Elfen sein, die alle einen Namen tragen. Und Dinge mit Namen sind fast schon lebendig und dürfen nicht entsorgt werden. Genauso wie Dinge, die längst keine Funktion mehr besitzen, da sie aus dem Rahmen – oder besser aus dem Karton – gefallen sind, in dem sie irgendwann einmal gesteckt haben. Dazu gehören Puzzleteile oder exotische Lego-Technik-Zutaten, von denen seit mindestens einem Jahrzehnt niemand mehr weiß, welchen Zweck sie erfüllen. Trotzdem keimt in mir jedes Mal die absurde Hoffnung auf, den Plastikmüll doch noch seinem Ursprungszweck zuführen zu können und deshalb hebe ich ihn vorsichtshalber auf. Zumal ich den Verdacht habe, dass mein Kind das ganze Zeug abgezählt hat und Krach schlägt, sollte etwas davon fehlen.
Neben dem undefinierbaren Kleinkram, der regelmäßig einer Flutwelle gleich das Kinderzimmer und den Rest der Wohnung überspült, gibt es Spielzeug, das eindeutig als solches erkennbar ist: Plüschtiere in allen Verfilzungsstadien, Puppen mit und ohne fehlende Gliedmaßen, Plastikdinosaurier, Autos, Legosteine, Playmobil, Spielgeld. Die auf den ersten Blick völlig harmlos wirkenden Spielsachen haben die unangenehme Eigenschaft, sich zu marodierenden Horden zu verbünden. Nur eine Protagonistin hockt ganz einsam auf dem wirren Spielzeughaufen: die Registrierkasse aus gelb, blau und rotem Kunststoff.
Auch auf den Schränken lungern sie herum.
Nein! Stimmt ja gar nicht. Seit Weihnachten ist die Kasse alles andere als einsam, denn da bekam sie von der Oma des Kindes eine Partnerin in dezentem Rosa geschenkt.
„Ich weiß, ihr habt schon eine“, sagte die Oma zu mir. „Aber eine Zweite kann nicht schaden.“
Ich muss wohl vor lauter Dankbarkeit ein wenig gequält geschaut haben, weshalb sie mir mit großmütterlichem Lächeln versprach, die Kasse vielleicht auch einem anderen Kind zu schenken. Ich begann zu hoffen, dass es irgendwo dort draußen in der weiten Welt ein Kind gab, das dringend eine Registrierkasse gebrauchen konnte. Leider war die Hoffnung unbegründet und nun stehen hier zwei Kassen herum und streiten sich mit mehreren Kubikmetern Spielzeug um den Platz in einem gerade mal neun Quadratmeter großen Kinderzimmer. Nicht selten gehen die Spielzeuge diesem Streit aus dem Weg, in dem sie einfach den Rest der Wohnung okkupieren und dort jeden freien Millimeter besetzen, sofern die Papierschnipsel-Elfen ihnen Platz machen.
Während ich den Text tippe, drückt ein fieser kleiner Splitter in der Kuppe meines rechten Zeigefingers und lässt jeden Buchstaben zur Qual werden. Sobald ich die Wohnung von der Spielzeugflut befreit habe und darunter endlich wieder meine Sachen zum Vorschein kommen, suche ich mir eine Nadel und hole den Splitter heraus. Und während ich ihn auf der Nadelspitze balanciere, werde ich mich ganz automatisch fragen: Ist das Spielzeug oder kann das weg?